Als Mitglied des britischen Wealth Planning-Teams von Julius Bär berate ich regelmässig in Grossbritannien ansässige und nicht ansässige Kunden zu Themen wie Vorsorge- und Pensionsplanung, steuerlich optimierten Anlagen sowie Erbschafts- und Nachfolgeplanung. Ich weiss daher, dass ein Ruhestand im Ausland der Wirklichkeit gewordene Traum für viele über 50-Jährige in vielen Teilen der Welt ist. Aus den vom britischen Department for Work and Pensions (Ministerium für Arbeit und Renten) veröffentlichten Zahlen geht hervor, dass 2023 mehr als eine Million britische Rentner, die im Ausland leben, eine staatliche Rente des Vereinigten Königreichs beziehen. Das sind mehr als die derzeit in London lebenden Rentner!

Da die Steuern von Land zu Land unterschiedlich sind, gibt es keinen allgemeingültigen Vermögensplan für Menschen, die sich im Alter in einem anderen Land niederlassen wollen. Doch wenn wir Kunden beraten, die ein Leben im Ausland ins Auge fassen, verfolgen meine Kollegen aus der Vermögensplanung und ich in der Regel einen Ansatz, der aus drei Schritten besteht.

1. Der Lebensstil ist der wichtigste Faktor bei der Entscheidung

Am Anfang steht in der Regel ein Gespräch darüber, wo der Kunde eigentlich leben möchte. Viele meiner Kunden träumen davon, sich im Ausland zur Ruhe zu setzen, weil sie sich einen besseren Lebensstil, sonnigere Gefilde oder einen Ort wünschen, an dem sie in ihrer neu gewonnenen Freizeit ihre Hobbys ausüben und neue Aktivitäten ausprobieren können. Wir ermuntern daher unsere Kunden, alle auf den Lebensstil bezogenen Faktoren zu berücksichtigen – von der Sprache, dem Lebensstil und der Gesundheitsversorgung bis hin zur Infrastruktur, dem Wetter und der internationalen Community –, die unserer Erfahrung nach ausschlaggebend dafür sind, wie glücklich sie im neuen Land werden.

Es ist nicht ungewöhnlich, dass Kunden kurz nach dem Umzug ihre Meinung ändern, vor allem wenn ihre Entscheidung auf steuerlichen Gründen beruhte. Ich hatte schon viele Kunden, die aus Grossbritannien auf andere Kontinente gezogen sind, um dann nach ein bis zwei Jahren festzustellen, dass sie doch lieber näher bei ihrer Familie in Europa wären. Deshalb möchten wir ein Sparringspartner für unsere Kunden sein und ihnen anhand unserer Erfahrung ein ganzheitliches Bild des Lebensstils vermitteln, den sie erwarten können.

2. Bürokratie: Prüfen Sie die rechtlichen Implikationen

Der zweite Schritt vor einem Umzug besteht darin, die rechtlichen und steuerlichen Folgen zu untersuchen, die sich im Ausreise- und Zielland ergeben. In verschiedenen Ländern gelten sehr unterschiedliche Regelungen für den Erhalt von Aufenthaltsgenehmigungen oder der Staatsbürgerschaft. In vielen EU-Ländern beispielsweise haben britische Staatsangehörige, die keine EU-Bürger mehr sind, nur ein Aufenthaltsrecht von bis zu 90 Tagen innerhalb eines Zeitraums von 180 Tagen. Wenn sie einen langfristigen Aufenthalt planen, benötigen sie ein Visum.

Die Entscheidung für einen Umzug ist zwar selten durch finanzielle Faktoren motiviert, aber mein Kundenstamm besteht aus vermögenden und sehr vermögenden Menschen, bei denen unterschiedliche steuerliche Regelungen erhebliche Auswirkungen auf ihr Vermögen haben können. Wenn man beispielsweise nach dem Umzug nicht genügend Zeit in dem gewählten Land verbringt, könnten das Ausreiseland oder andere Länder, zu denen enge Verbindungen bestehen – etwa durch Wohnimmobilien, Geschäftsbetriebe, die Familie oder einfach durch die dort verbrachte Zeit –, ebenfalls eine steuerliche Ansässigkeit beanspruchen, wodurch der Kunde in zwei oder mehr Ländern steuerpflichtig werden könnte.

Wenn Kunden im Zielland steuerlich ansässig werden möchten, müssen sie die dort geltenden Kriterien für die Begründung des Steuerwohnsitzes erfüllen. Umgekehrt müssen sie möglicherweise die Anzahl der Tage, die sie in ihrem Heimatland verbringen, begrenzen. Diese Beschränkung ist von entscheidender Bedeutung für Kunden, die etwa durch Kinder, andere Familienmitglieder, Eigentum oder Geschäftsinteressen enge Bindungen zu ihrem Ausreiseland haben.

Wenn diese Beschränkung akzeptabel ist, sollte man seine Bewegungen und Aktivitäten diszipliniert aufzeichnen. Ich habe Ermittlungen der britischen Steuerbehörden erlebt, bei denen Personen ihren Outlook-Kalender freigeben mussten, um Rechenschaft darüber abzulegen, wo sie sich an bestimmten Tagen aufhielten und was sie dort gemacht haben. Es muss zu einer Priorität werden, genaue Aufzeichnungen zu führen, um nicht versehentlich mit den Steuerbehörden in Konflikt zu geraten.

3. Passen Sie die Entscheidungen in Bezug auf die Vermögensverwaltung an das betreffende Land an

Da die Implikationen für die Vermögensverwaltung in hohem Masse vom gewählten Land abhängen, stellt die Besprechung der Vermögensstrukturierung den letzten der drei Schritte dar.

Ganz gleich, welches Anlageinstrument der Kunde nutzt, es muss in dem jeweiligen Land wirksam sein. Vor diesem Hintergrund prüfen meine Kollegen und ich, wie das Vermögen des Kunden strukturiert ist und ob dies für das Zielland steuerlich vorteilhaft ist. Wir würden zum Beispiel untersuchen, wie das Ruhestandseinkommen aus einer britischen Rente im neuen Wohnsitzland besteuert würde, wofür möglicherweise das Doppelbesteuerungsabkommen mit Grossbritannien geprüft werden müsste.

Für Rentner, die ins Ausland ziehen, wie auch für andere Kunden, die international mobil sind, stellt die Tatsache, dass sie ein Einkommen in einer Währung und Ausgaben in einer anderen haben, eine weitere Risikoebene dar.

Geniessen Sie es, Ihren Traum zu verwirklichen!

Jeder längere Auslandsaufenthalt erfordert eine sorgfältige Planung – doch muss man bei einem endgültigen Umzug viel mehr bedenken, als ein zusätzliches Paar Strandsandalen in den Koffer zu packen. Wenn Sie rechtzeitig einen Fachmann konsultieren und den Lebensstil betreffende sowie rechtliche und steuerliche Fragen besprechen, verschaffen Sie sich Zeit und müssen nicht unter Druck entscheiden.

Dann müssen Sie nur noch die Reise und das nächste aufregende Kapitel in Ihrem Leben geniessen!

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