Frische Luft. Beschaulichkeit. Abenteuer. Das Gefühl der Brise im Gesicht, wenn Sie über das Meer gleiten, und das Geräusch der Wellen, die gegen den Rumpf schlagen. Man versteht leicht, weshalb die Freizeitschifffahrt für diejenigen so attraktiv ist, die das Meer lieben. Doch durch den Kauf und die Nutzung ihrer Boote gefährden Yachtbesitzer die Meere und die marinen Ökosysteme, die sie so lieben.
«Ich denke, wir alle müssen akzeptieren, dass es nicht mehr tragbar ist, dass Menschen nur zum Vergnügen in schönen weissen Yachten mit hoher Geschwindigkeit herumfahren und dabei grosse Mengen Treibstoff verbrauchen», sagt Simon Turner, Global Sales Director bei Sunreef Yachts. Als versierter Segler und Öko-Yacht-Enthusiast verbindet Simon Turner seine Leidenschaft für das Segeln und Nachhaltigkeit mit seinem Beruf als Verkäufer von Luxusyachten für sehr vermögende Kunden.
Er weiss aus erster Hand, wie sich der Klimawandel auf die biologische Vielfalt der Meere auswirkt. Nach einer Tagung in Monaco vor 15 Jahren nahm er einige Teilnehmer auf einer Yacht mit. «Es war ein wunderschöner Tag», erinnert er sich. «Als wir von der Yacht in das klare Wasser sprangen, waren wir von spektakulären bunten Fischen umgeben. Wenn man heute dort hinausfährt, sieht man nicht mehr allzu viele Fische. Zumindest sind sie nicht mehr so bunt und zahlreich.»
Insbesondere herkömmliche Superyachten können das Meer durch Lärm, Giftstoffe und Plastikmüll belasten.
Öko-Yachten schlagen Wellen bei den Kunden
Im Port Hercule, dem zentralen Yachthafen von Monaco, liegen Hunderte von Yachten nebeneinander, eine prächtiger und luxuriöser als die andere. Welche Rolle spielen Themen wie Nachhaltigkeit und Effizienz in einer Welt, die oft von Überfluss geprägt ist und in der die Konsumenten wollen, dass alles grösser, besser und schneller wird?
«Der Wunsch nach Geschwindigkeit lässt nach», sagt Simon Turner. «Bei den derzeit hohen Treibstoffkosten laufen die meisten der hinter uns liegenden Boote mit acht Knoten, obwohl sie 20 bis 25 Knoten schaffen. Geschwindigkeit frisst enorm viel Energie, und wenn wir die Geschwindigkeiten in der Freizeitschifffahrt reduzieren können, können wir auch dafür sorgen, dass sie viel umweltfreundlicher wird.»
Kleinere Yachten, die mit Strom, Solarenergie oder Windkraft betrieben werden, können bereits ähnliche Geschwindigkeiten erreichen wie herkömmliche. Sunreefs Angebot an Öko-Yachten umfasst nun auch ein neues 16,6-Meter-Modell, das von zwei 350-kW-Elektromotoren angetrieben wird und laut Simon Turner neue Massstäbe in Sachen Geschwindigkeit und Nachhaltigkeit setzt. «Davon haben wir bereits zehn Stück verkauft, weil die Kunden eine Öko-Yacht wollten, die auch schnell sein kann.»
Reines Segeln mit Kunden, die Wert auf Erfahrung legen
Etwa die Hälfte der Anfragen bei Sunreef betreffen inzwischen Öko-Yachten, und Simon Turner glaubt, dass grüne Freizeitschifffahrt schliesslich zum Standard wird. In mancher Hinsicht übertrifft die grüne Freizeitschifffahrt bereits die traditionelle, was das Erlebnis an Bord angeht.
«Ich habe kürzlich einen Kunden in Florida besucht, der eine 80-Fuss-Motoryacht mit einem Nachtpaket ausgestattet hat», sagt er. «Das Boot wird also bei Nacht ausschliesslich mit Batteriestrom betrieben. Da läuft kein Generator, da sind kein Lärm, keine Vibrationen und kein Gestank. Sie hören das Wasser, Sie hören das Leben im Meer, und Sie können ruhig schlafen in dem Bewusstsein, dass Sie es nicht stören. Davon profitieren die Menschen an Bord und die Fische im Wasser.»
Zwar ist die Erstinvestition für eine Öko-Yacht höher als für eine herkömmliche Yacht, doch nimmt diese Differenz mit der Verbesserung der Technologien zur Stromerzeugung und -speicherung stetig ab. Für Kunden, die in eine nachhaltige Yacht investieren, amortisiert sich der höhere Kaufpreis über die Lebensdauer des Bootes. «Hat man das Boot erst gekauft, sind die Kosten für den Betrieb und die Wartung des Motors niedriger als bei herkömmlichen Antrieben», sagt Simon Turner. «Wir bauen eine 80-Fuss-Yacht, die auf den ersten 40 000 Seemeilen durchschnittlich 20 Liter Kraftstoff pro Tag verbraucht. Das ist eine unglaubliche Kraftstoffeffizienz.»
Dennoch rückt Simon Turner in Gesprächen mit potenziellen Kunden die wirtschaftlichen Aspekte nicht in den Vordergrund. «Ich sage nicht: ‹Geben Sie jetzt mehr aus, weil Sie das Geld in drei oder vier Jahren einsparen werden›. Für Kunden, die diese Technologie möchten, sind die Kosten nicht der wichtigste Faktor.» Er sagt, man müsse auch bedenken, dass die Kohlenstoffemissionen nicht nur durch die Nutzung der Yachten, sondern auch durch den energieintensiven Fertigungsprozess verursacht werden. «Diese Kunden mögen die Vorstellung, eine Yacht zu besitzen, die einen minimalen CO2-Fussabdruck hat.»
Für Verbrennungsmotoren läuft die Zeit ab
Neben der Nachfrage der Konsumenten wird der Übergang zu umweltfreundlicher Freizeitschifffahrt auch durch die Gesetzgebung angetrieben. Um gegen die Umweltverschmutzung vorzugehen, beschränken Städte wie Venedig und Amsterdam die Nutzung von Booten mit Verbrennungsmotoren, und in vielen Meeresparks rund um die Welt ist die Einfahrt von Yachten verboten, die mit fossilen Brennstoffen betrieben werden. «Irgendwann werden die Regierungen eine spezielle Besteuerung oder Beschränkungen für den Kraftstoffverbrauch einführen», sagt Simon Turner. «Darum müssen wir der Zeit voraus sein und Lösungen haben, bevor das passiert.»
Seiner Ansicht nach liegt die grösste Chance für die Branche darin, Lösungen für die bereits auf See befindlichen Yachten zu finden sowie in der Nutzung alternativer Kraftstoffe wie Methanol oder Treibstoffe auf Pflanzenbasis. Die Forschungs- und Entwicklungsabteilung von Sunreef Yachts entwickelt derzeit ein System, das mit einem mit Solarstrom betriebenen Wasserstoffgenerator Wasserstoff an Bord erzeugt.
Was den Zeitrahmen angeht, wie lange dauert es noch, bis wir klimaneutrale Boote haben? «Ich denke, das ist schon möglich», sagt Simon Turner. «Wir haben bereits zwei 43-Meter-Segelkatamarane in Planung, die mithilfe von Wasserregeneration sowie Solarenergie oder Windkraft ohne Umweltauswirkung fahren können. Solange niemand verlangt, dass sie 30 Knoten laufen, ist es realistisch zu sagen, dass wir klimaneutralen Angeboten ganz nahe sind.»