Wie wurden Sie Vermögensplanerin?
Nathalie Eser: “Schon während meines Jurastudiums an der Universität Zürich hat mich das Thema Erb- und Nachfolgeplanung interessiert. Es handelt sich hierbei um eine äusserst heikle und persönliche Angelegenheit, und für einen richtigen Umgang damit muss man Menschen mögen. Sie müssen sich für die Menschen, ihr Leben, ihre Erfolge, Familien, Sorgen, Träume und Pläne interessieren. Kurz nach meinem Abschluss kam ich zu Julius Bär und bin 17 Jahre später immer noch hier. Damals wie heute interessiert mich dieses Thema – es ist einfach ein grossartiger Beruf.”

Was beinhaltet Erb- und Nachfolgeplanung alles?
“Zunächst einmal muss man gut zuhören können. Die Vermögens-, Familien- und Lebenssituation ist bei allen Menschen oder Paaren anders. Da sind jeweils Ehepartner, Kinder, Verwandte und «wichtige andere» involviert. Bei Patchworkfamilien mit verschiedenen Ehe- und Lebenspartnern, Halb- oder Stiefgeschwistern und Stiefeltern können Erbangelegenheiten richtig kompliziert werden. Und je grösser das Vermögen und weiter die Familie verteilt ist, umso komplizierter gestaltet sich eine Lösung. Ich kann somit keine Standardlösungen anbieten. Ich muss ein ganzheitliches Bild vom Kunden gewinnen: von dessen Vermögen natürlich, aber auch von seiner Familie und der jeweiligen Situation (z. B. Nationalitäten, Wohnsitz, persönliche Lebensumstände und bereits getroffenen Vorkehrungen). Sobald ich diesen Überblick habe, weiss ich, welche weiteren Experten unserer Bank oder von unseren Geschäftspartnern hinzugezogen werden müssen. Dann können wir gemeinsam mit dem Kunden und der Familie eine massgeschneiderte Lösung ausarbeiten. Bei Erbangelegenheiten geht es auch um den Tod – ein schwieriges Thema. Viele Menschen setzen sich nicht gerne mit ihrer eigenen Endlichkeit auseinander. Wir gehen hier jedoch behutsam und wohlüberlegt vor, um Antworten und Lösungen finden zu können.”

Greifen Sie bei Ihrer Tätigkeit mehr auf Ihre Finanz- oder juristischen Kenntnisse zurück?
“Ich verlassen mich stark auf zwei Dinge: meinen juristischen Hintergrund und die Psychologie. Bei meiner Arbeit spielt die menschliche Psychologie eine wichtige Rolle. Fast jede Familie hat ihre Probleme und Geschichten und manchmal gibt es auch Intrigen – diese Dinge treten üblicherweise zutage, wenn es um Fragen des Erbes oder der Nachfolge geht. Manchmal kommt es vor, dass sich jemand unfair behandelt, übergangen oder abgelehnt fühlt.”

Was ist in diesem Bereich der häufigste Fehler?
“Alles zu rasch erledigen zu wollen. Es gibt vieles zu bedenken: die Bedürfnisse der involvierten Personen, die Vermögenswerte sowie rechtliche und steuerliche Fragestellungen. Die Nachlass- und Nachfolgeplanung ist ein Prozess und es gilt besonnen, umsichtig und Schritt für Schritt vorzugehen. Wenn sich sämtliche Vermögenswerte und involvierten Parteien in der Schweiz befinden und es sich um ein «ganz normales» Beziehungsgeflecht handelt, benötigen die Kunden für eine Lösung üblicherweise rund drei Monate. Ist die Angelegenheit komplizierter, z. B. bei komplexer Vermögens- oder Familienstruktur und einer Verteilung über verschiedene Länder und Jurisdiktionen hinweg, kann sich der Prozess bis zu einem Jahr oder gar länger hinziehen. Dies ist insbesondere bei einer umfassenden Planung Fall, die unter Umständen Ehe- und Erbverträge, Testamente und Strukturen (z. B. Trusts, Stiftungen und Lebensversicherungen) beinhaltet.”

Inwiefern lohnt sich der Aufwand?
“Ein gutes Beispiel ist das ältere Ehepaar, das neulich zu mir kam: Es wollte seine Kinder alle gleich behandeln und Streitigkeiten vorbeugen. Das Paar hat bereits mehr als genug Geld zum Leben und wollte daher das nicht benötigte Vermögen noch zu Lebzeiten verteilen. Das ist zwar eine schön Geste, aber auch eine komplizierte Angelegenheit. Hier waren nämlich verschiedene Immobilien unter mehreren Kindern aufzuteilen. Wer bekommt das Ferienhaus? Wer das Elternhaus? Und wer das Jagdhaus? Dabei kommen immer auch Emotionen ins Spiel. Zudem waren die Immobilien von unterschiedlichem Wert. Diesem Aspekt galt es somit ebenfalls Rechnung zu tragen. Alles wurde gemeinsam als Familie besprochen, und wir fanden eine für alle gangbare Lösung, um entsprechende Zuteilungen und Entschädigungen vorzunehmen. Wir besprachen und setzten Schenkungs- und Erbverträge auf, die schliesslich vor den jeweiligen Notaren unterzeichnet wurden. Und nun sind sowohl Eltern wie auch Kinder glücklich – alles ist entschieden und sorgfältig geplant. Darüber hinaus konnten wir die Kinder dank der fairen und transparenten Lösung davon überzeugen, bei ihrem Kundenberater neue Bankkonten zu eröffnen.”

Was ist für Sie am erfüllendsten?
“Eine Lösung zu finden, die für die ganze Familie stimmt. Dann ist die Angelegenheit erledigt, die Betroffenen brauchen sich keine Sorgen mehr zu machen und können sich wieder anderen Dingen in ihrem Leben widmen. Mein Hauptziel ist es, meinen Kunden ein sicheres Gefühl zu geben.”

Auf welchem Gebiet, das nichts mit Vermögensplanung zu tun hat, könnten Sie Ihre Kunden noch beraten?
“Da kommt mir spontan die Mode in den Sinn. Bevor ich mein Jurastudium begann, hatte ich eine Lehre bei einem internationalen Modeunternehmen in Zürich absolviert. Dort entdeckte ich die Mode, die seither eine Leidenschaft von mir ist. Ich sähe mich durchaus in der Lage, vor allem der weiblichen Kundschaft Tipps zu neusten Trends und Must-haves zu geben. Im Büro ist meine Faszination für Mode- und Stilfragen wohlbekannt. Meine Bürokolleginnen und -kollegen zählen aber nicht nur meine Schuhkartons unter meinem Schreibtisch, sondern fragen mich auch um Rat, wenn es um ein Geschenk für ihre bessere Hälfte geht.”

 

 

Kontaktieren Sie uns