Starke politische Unterstützung
China war kein Pionier auf dem Gebiet der erneuerbaren Energien oder der Elektromobilität. Beide Technologien stammen ursprünglich aus dem Westen. Doch die chinesische Regierung war entschlossen, bei Kerntechnologien unabhängig und autark zu sein. In den letzten zehn Jahren hat sie die Entwicklung der Solar- und Windenergie sowie des Elektrofahrzeugsektors durch politische Massnahmen gefördert. Was bedeutet das für Anleger? Aktien aus den Bereichen erneuerbare Energien und Elektrofahrzeuge haben im vergangenen Jahr stark nachgegeben, da die Anleger aufgrund der teuren Bewertungen das Risiko reduzierten und ihre Positionen parallel zum allgemeinen Marktrückgang abstiessen. Auch wenn der Sektor insgesamt noch einige Zeit für die Konsolidierung benötigt, sehen wir bei einigen Titeln eine positive Wertentwicklung.

Erneuerbare Energien und Elektrofahrzeuge werden von der chinesischen Regierung wahrscheinlich mit am stärksten gefördert. Unserer Ansicht nach dient der aktuelle politische Vorstoss zwei Zwecken. Einerseits können die Investitionen in Solar- und Windenergie sowie die Subventionen für Elektrofahrzeuge als Teil der Konjunkturprogramme betrachtet werden, um das Wirtschaftswachstum anzukurbeln. Andererseits unterstützen die verstärkten Investitionen in grüne Infrastruktur das Land auch dabei, das globale Ziel der Kohlenstoffneutralität zu erreichen. Allerdings könnten die knappe Finanzierung durch die Regierung und die schwache Konsumnachfrage die positiven Auswirkungen etwas beschränken. Angesichts der Dominanz chinesischer Unternehmen in der Lieferkette könnten ihnen jedoch vergleichbare umweltfreundliche Initiativen von Regierungen in der ganzen Welt zugutekommen. Obwohl chinesische Unternehmen auf den internationalen Märkten wahrscheinlich einem stärkeren Wettbewerb durch US-amerikanische und europäische Konkurrenten ausgesetzt sein werden, gehen wir davon aus, dass Erstere in naher Zukunft eine gewisse Kostenwettbewerbsfähigkeit behalten können.

Cleaner China-Aktien als homogene Gruppe
Bis vor Kurzem haben Anleger Cleaner China-Aktien als homogene Gruppe gehandelt und so ihre Auffassung zum allgemeinen Ausblick für erneuerbare Energien und Elektrofahrzeuge zum Ausdruck gebracht. Wir erwarten jedoch eine zunehmende Divergenz innerhalb des Themas, da sich die Fundamentaldaten der einzelnen Segmente immer stärker unterscheiden. Insbesondere die technologische Innovation könnte in diesem und im nächsten Jahr ein Bottom-up-Treiber für Aktien und Segmente sein. Während sich die allgemeine Marktstimmung stabilisiert, dürften neue Modelle von Solarzellen und Durchbrüche bei Batterien für Elektrofahrzeuge für eine starke Performance bei Aktien mit entsprechendem Engagement sorgen. Auf längere Sicht könnte das autonome Fahren in den kommenden Jahren einige neue Anlageideen hervorbringen.

Anlageschwerpunkt: Umschichtung von Gewinnen in der Lieferkette
Ein weiterer Anlageschwerpunkt im Rahmen des Themas Cleaner China ist die Umschichtung von Gewinnen entlang der Lieferkette. In den letzten zwei Jahren haben vorgelagerte Akteure einen grossen Teil des Wertes eines Solarmoduls oder eines Elektrofahrzeugs eingenommen, da die Polysilizium- und Lithiumpreise aufgrund von Lieferengpässen kontinuierlich gestiegen sind, während die nachgelagerten Hersteller weit weniger profitabel waren. Wir gehen davon aus, dass sich die Wettbewerbslandschaft im vorgelagerten Bereich verändern könnte. Mit Blick auf die Solarbranche gehen wir davon aus, dass der Polysiliziumpreis seinen Höchststand erreichen wird, wenn das Angebot wieder zunimmt. Dies würde bei zwischengelagerten Akteuren den Kostendruck mindern und die Margen verbessern. Bei Elektrofahrzeugen sehen wir das Risiko, dass Lithium noch länger teuer bleiben könnte, doch können sich die Margen nachgelagerter Elektrofahrzeughersteller hoffentlich stabilisieren, wenn die Lieferengpässe im Wesentlichen überstanden sind. Kurz gesagt, wir empfehlen Anlegern, angesichts der starken und sich verbessernden Fundamentaldaten nach Rücksetzern zu kaufen, um sich langfristig zu engagieren.

Geopolitik und Wettbewerb: USA und China

Angesichts ihrer Rolle in den globalen Lieferketten sind chinesische Produkte im Bereich der erneuerbaren Energien und Elektrofahrzeuge Handelsbeschränkungen und geopolitischen Risiken ausgesetzt. Für den Bereich der Solarmodule sind die westlichen Märkte sehr wichtig. Derzeit werden für in China hergestellte Solarprodukte beim Export in die USA verschiedene Zölle erhoben, die je nach Produkt unterschiedlich hoch ausfallen.

Darüber hinaus sehen wir ein längerfristiges Risiko darin, dass die USA oder die europäischen Länder eine Importsubstitution anstreben könnten, um ihre Abhängigkeit von der chinesischen Lieferkette angesichts der steigenden geopolitischen Risiken zu verringern. Die chinesischen Hersteller verfügen über ca. 90 Prozent der weltweiten Fertigungskapazitäten für Solarmodule, während auf die USA ca. 10 bis 15 Prozent der weltweiten Nachfrage entfallen. Da es derzeit nur einen kleinen Puffer bei nicht-chinesischen Kapazitäten gibt, werden die USA nicht in der Lage sein, ihre Abhängigkeit von chinesischen Solarmodulen zu verringern. Mit dem jüngsten politischen Vorstoss zur Rückverlagerung könnten die USA jedoch innerhalb weniger Jahre ihre Kapazitäten ausbauen und sich von der chinesischen Solarlieferkette abkoppeln. Mit allmählich abnehmender Abhängigkeit könnten weitere Handelsbeschränkungen für chinesische Solarmodule eingeführt werden.

Gewichtsverlagerung in der Automobil-Lieferkette
Während die gesamte chinesische Elektroautoindustrie von der Unterstützung durch die Regierung profitiert, haben wir eine Divergenz in Teilen der Lieferkette beim Übergang vom traditionellen Automarkt zum Elektroautomarkt festgestellt. Elektroautos bleiben von geopolitischen Problemen nicht verschont. Einige Hersteller von Elektroautos verbauen Prozessoren von US-Unternehmen, doch sehen wir ein zunehmendes Risiko von Exportbeschränkungen für Auto-Chips, nachdem kürzlich Exportbeschränkungen für Chips für künstliche Intelligenz angekündigt wurden. Es gibt nicht viele chinesische Alternativen, da die meisten einheimischen Chiphersteller technologisch noch hinterherhinken. Daher wird es kurzfristig erhebliche Auswirkungen haben, wenn die Beschränkungen in Kraft treten.

Um dem Automobilsektor wieder auf die Beine zu helfen, kündigte das Finanzministerium am 30. Mai 2022 ein Programm im Umfang von CNY 60 Milliarden zur Unterstützung des Automobilabsatzes an. Dieses sieht die Halbierung der Verkaufssteuer auf Autos vor. Zudem fiel der Umfang der Verkaufssteuersenkung grösser aus als von den Anlegern erwartet, denn sie gilt für alle Fahrzeuge mit einem Hubraum von weniger als 2,0 Litern und einem Kaufpreis von höchstens CNY 300 000 (ohne Mehrwertsteuer), die zwischen dem 1. Juni 2022 und dem 31. Dezember 2022 gekauft wurden.

Wettbewerb ist das andere Risiko für die von uns beobachtete Anlagethese. In China drängen immer wieder neue Akteure in eine aufstrebende Branche, und das gilt sowohl für erneuerbare Energien als auch für Elektrofahrzeuge. Die Solarglasindustrie ist ein Paradebeispiel für Branchen, die diesem Trend zum Opfer fallen, indem so entstehende Überkapazitäten zu sinkenden Gewinnspannen führen. Auch die nachgelagerten Akteure der Elektrofahrzeug-Lieferkette könnten durch die wachsende Zahl der Marktteilnehmer einem verstärkten Wettbewerb ausgesetzt sein. Zwar lässt die niedrige Marktdurchdringung von Elektroautos noch Spielraum für weitere Player, doch werden die bestehenden Unternehmen gezwungen sein, weiter Innovationen zu entwickeln. Andererseits könnten Batteriehersteller (der zwischengelagerte Bereich) überdurchschnittlich abschneiden, da sie aufgrund ihrer Fähigkeit, die wachsende Zahl von Elektrofahrzeugherstellern zu bedienen, wahrscheinlich weniger Wettbewerb ausgesetzt sind und gleichzeitig eine wichtige Rolle bei der Innovation von Elektrofahrzeugen spielen.

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